Müssen wir Glück haben, um glücklich zu sein?

Müssen wir Glück haben, um glücklich zu sein?

Wenn dem so wäre, würde das eine Abhängigkeit von etwas bedeuten, auf das wir keinen Einfluss haben. Im Buddhismus heißt es, in einer Hinsicht seien alle Menschen gleich: Jeder Mensch will Leiden vermeiden, jeder Mensch will Freude erfahren und glücklich sein. (*1)

So vieles in unserer Kultur entwickelte sich auf dieser Grundlage. Ganze Wirtschaftszweige versprechen Glück durch ihre Produkte: Mode, Kosmetika, Autobranche, Fitnessindustrie, Drogenhändler (Süßigkeiten, Alkohol, Zigaretten, alles, was süchtig machen kann!), Unterhaltungsbranche, Reiseveranstalter, Luxusprodukte … etc.

Aus dem Leiden befreien wollen uns z. B. Nahrungsmittelhersteller, Wohnbranche, Pharmaindustrie, Mediziner inklusive Schönheitschirurgen, Parteien, ja auch Religionen durch ihre Heilsversprechen.

Alle wollen natürlich im Gegenzug etwas dafür: unsere Energie, ob in Form von Aufmerksamkeit, Geld, Unterstützung bei ihrer Etablierung und Ausbreitung. Damit diese Energie immer wieder in ihre Richtung fließt, werben und manipulieren sie ständig.

Ein SMARTES LEBEN beruht auf freudvollen Erfahrungen, auf einem gut zu bewältigenden Weg, auf einem erfüllenden Dasein, einer Existenz, die wir als lebenswert empfinden. Dafür sind wir bereit, uns persönlich, beruflich, gesellschaftlich mit unseren Talenten, unserem Know-how und unserer Energie einzusetzen.

Doch wir erfahren immer wieder, dass keine Bemühung gelingt, durch äußere Erfahrungen und materielle Dinge auf Dauer glücklich zu sein. In Goethes Werk verliert sich Faust durch halten wollen eines Zustandes mit dem Ausspruch “Augenblick, verweile doch, du bist so schön” fast an Mephistos Hölle. Das Leben pfuscht immer wieder unkontrollierbar rein. Irgendwie wandelt sich der freudige Zustand in Unzufriedenheit oder sogar in Leiden.

Wir machen uns entweder glücklich oder miserabel.
Der Arbeitsaufwand ist der gleiche.  (Carlos Castaneda)

Könnte das ein Hinweis sein, dass wir doch Einfluss auf unsere Lebensqualität haben? Nicht durch Veränderung der äußeren Umstände, sondern durch unsere innere Einstellung?

Wie wäre es, wenn wir genießen, was uns Freude macht, solange es währt, ohne es festhalten zu wollen? Denn dem festhalten wollen folgt unweigerlich Leiden. Ob es um einen bestimmten Menschen geht, um die eigene Jugend, die Gesundheit, politische, kulturelle oder naturgegebene Entwicklungen … alles ändert sich ständig. Das ist der natürliche Lauf der Welt.

Was brauchen wir, um möglichst eine innere Unabhängigkeit von äußeren Umständen zu entwickeln? Was ist die Botschaft von Lehrmeistern, die uns weise, glücklich und zufrieden erscheinen?

Ein Gedanke christlichen Ursprunges empfiehlt, sich zwar als “in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt” wahrzunehmen. Aus anderen Philosophien kommt die Anregung, präsent im “Hier und Jetzt” zu weilen. Denn nur wo unser Körper ist, können wir die tatsächliche Wirklichkeit durch unsere Sinne wahrnehmen.

In einer vielzitierten Geschichte antwortete ein Meister auf die Frage seiner Schüler, wie er es erreiche, ständig so glücklich zu sein: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich.”

Darauf meinten seine Schüler: “Das tun wir doch auch!”

Der Meister lachte und sagte: “Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann geht ihr schon, wenn ihr geht, dann seid ihr schon am Ziel.”

Also ist die Basis zu einem zufriedenstellenden, glücklichen Leben Präsenz? Ist in einer sich ständig verändernden Existenz die einzige Chance auf ein SMARTES Leben bewusstes “da sein”? Wie lässt sich diese bewusste Präsenz erreichen? Auch dafür gibt es Anregungen:

+ Meditieren lernen, um wieder aus den „nach denkenden“ oder voraus eilenden Gedanken dahin zu kommen, wo unser Körper sich befindet. Denn nur in der Gegenwart sind wir wirklich handlungsfähig.

+ Künstlerisch, kreativ tätig sein, musizieren, malen, handwerken, basteln, schreiben etc. ist nur möglich, wenn Gedanken, Empfinden und Körper eins sind.

+ Mit kleinen Kindern oder Tieren spielen, die präsent sind, weil sie gar nicht anders sein können. Sich von ihnen anstecken lassen, lebendig da zu sein.

+ Hinaus gehen und die Natur aus der eigenen Stille mit allen Sinnen erfahren, dem Wind, den Vögeln und Insekten, dem Gluckern eines Baches lauschen, sich dabei anwesend im eigenen Körper spüren.

Es sind immer ähnlich lautende Botschaften, die uns Weise unterschiedlicher Kulturen und Zeiträume hinterlassen haben, wie hier auch Meister Eckehart:

“Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gerade gegenübersteht, das notwendigste Werk ist stets die Liebe.”

Diese Liebe beginnt immer bei sich selbst, zu sich selbst. Nicht zu verwechseln mit Egoismus, der alles für sich will, gierig, empathielos. Sondern Liebe, die auf Dankbarkeit für das Geschenk, existieren zu dürfen beruht. Liebe, die wahr nimmt, was alles an wundervollen Zufällen notwendig war, um hier jetzt so sein zu dürfen, mit jedem Atemzug. Das ist eine gute Basis für ein glückliches, SMARTES Leben. Und: glückliche Menschen sind friedvoll und zetteln weder Machtkämpfe noch Kriege an.

 

Autor: Magdi Schadt

Quellen: (*1) https://kadampa.org/de/reference/buddhistischer-glauben

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